Neue CD – Raum und Zeit

Im Sommer letzten Jahres hatte ich die Gelegenheit, in einem Saal mit einem tollen Flügel ( Steinway D ) meine Kompositionen aufnehmen zu können.
Die Stadt St. Wendel hat mir den Raum zur Verfügung gestellt, dafür auch hier meinen Dank. Mastern konnte ich die Aufnahmen auf dem Kurhaus Harschberg in St.Wendel bei Bernhard Wasmund. Mein Freund Joachim mit seinem „HI-END-Gehör“ stand uns beratend zur Seite. Klaus Riefer im Raum nebenan malte das Bild fürs Cover.
Also insgesamt eine regionale und fast familiäre Zusammenarbeit.

Informationen zur CD      „RAUM UND ZEIT“       von   Bernd Mathias

Die meisten Kompositionen sind in den letzten 10 Jahren entstanden, der Titel Raum und Zeit, der auch Name der CD geworden ist, stammt aus den neunziger Jahren. Da ich im Jazz und der Klassik zu Hause bin und Abwechslung im musikalischen Bereich liebe, ist eine große Bandbreite auf der CD zu hören. Es folgen Beschreibungen zur  Entstehung und den musikalischen Inhalten der einzelnen Titel.

Frühlingstanz entstand aus einem rhythmischen Motiv für die linke Hand, das sich durch verschiedenen Akkordwechsel bewegt. Die Dauer der Tonarten ist nicht festgelegt. Die Wechsel erfolgen spontan. Weil noch keine Melodie als Thema geschrieben war, habe ich die Themen bei jeder Aufführung  immer neu erfunden. Das war für mich so interessant, dass ich keine Melodie mehr aufgeschrieben habe. Bei jeder Aufführung hatte ich Freude daran, neue Ideen einzubringen und mich selbst überraschen zu lassen. Das Stück repräsentiert die Energie und Lebensfreude des aufbrechenden Frühlings, einen Tanz in der Sonne, den kleine Kinder spontan im Freien vollführen.

Industriezeit ist mir beim Betrachten von Fotos für eine Ausstellung zur Industriekultur eingefallen. Die Fotos weckten in mir Erinnerungen an die Huf- und Wagenschmiede meines Großvaters,  die sich in unserem Haus befand; die Mächtigkeit eines tonnenschweren Hammers, welcher über Transmissionen angetrieben wurde und die Schläge auf den Amboss. Ich kann mich auch daran erinnern, als ich das erste Mal eine Dampflokomotive erlebte, die sich an unserem Bahnhof in Gang setzte. Die Kraft, der Sound und der Dampfaustritt haben mich völlig überwältigt. Generell herrschte in den 60er- Jahren eine Stimmung der Machbarkeit von allem. Bei der ersten Darbietung des Songs begann ich spontan mit den „Hammerschlägen“, die durch Saitendämpfung mit der Hand erzeugt werden. Durch die Verschiebung der Finger auf der Saite während des Anschlags verändern sich die Obertöne des Klanges und es entsteht ein metallischer Klang.

For HP war zunächst eine Komposition ohne Namen, bis ich für eine Vernissage eines verstorbenen Freundes dieses Stück auswählte. Es sind zwei gegensätzliche Seiten in dem Stück vorhanden, ein Sieben-Achtel- Ostinato mit einem schrägen Thema, gefolgt von einem melancholischen  Gegenpart. HP war in früheren Zeiten oft bei Sessions in meiner Wohnung dabei und spielte als „Nichtpianist“ interessante, unkonventionelle Patterns auf meinem Flügel. Von daher kannte ich auch seine Vorlieben und war mir sicher, dass ihm dieses Stück gefallen hätte.

Januar ist wie ein sanfter Flug durch eine Winterlandschaft. Die linke Hand spielt eine fließende Begleitung im 7/4- Takt, der dadurch einen schwebenden Charakter bekommt. Die Melodie würde ich als „kühl-melancholisch“ bezeichnen, eben passend zu Schnee und Winter.

Raum und Zeit beginnt in freiem Tempo mit chromatischen Rückungen des “mystischen Akkordes” von Alexander Skryabin. Diese Klänge lassen sofort einen beeindruckenden Raum entstehen. Das chromatische Motiv wird improvisatorisch fortgeführt und variiert. Ein Bass_Ostinato im 5/4 -Takt, überlagert von pulsierenden 16-tel-  Ketten bringt den Faktor Zeit ins Spiel, und mit dem fast schon pathetischen Thema nimmt das Ganze Fahrt auf. Anschließend folgt ein Chorus über das 5/4-tel Motiv, der sich steigert, bis der Rhythmus aufbricht und die Zeit dadurch wieder „zerfällt“.

Kontrapunkt ist quasi als Aufrags-Komposition zu dem gleichnamigen Motto einer Konzertreihe entstanden. Eine Tonfolge in Gegenbewegung, gefolgt von einem Thema mit  kontrapunktischen Begleitmotiven  erinnert an die Musik der Barockzeit. Dann folgt eine Jazzimprovisation  über die Harmonien des Stückes. Eingeflochten ist noch ein Verweis auf ein Präludium von J.S. Bach aus dem „Wohltemperierten Klavier“.

Merkur entstand für eine Performance, bei der die 7 Planeten live zu Musik gemalt wurden. Der Planet Merkur repräsentiert den Verstand und die Lernfähigkeit. Er ist ein Symbol für Denkvermögen und Kommunikation,  auch für Überraschungsmomente. Der Song beginnt mit einem klar strukturierten kurzen Thema, das mit einem „Überraschungsbreak“ in eine kontrastierende Improvisation über chromatisch aufsteigende Akkordstrukturen führt. Das Stück ist ursprünglich für mehrere Musiker komponiert, der Faktor Kommunikation  wäre dann natürlich präsenter. Über die dann einsetzenden rhythmischen Patterns wäre ein Schlagzeugsolo obligatorisch. Diese Vorstellungen hatten  einen starken Einfluss auf die Gestaltung der Solo-Version .

For Joachim ist für einen Freund komponiert, der sich ein ruhiges Stück mit Trancecharakter wünschte.  Es ermöglicht  mit seiner „sparsamen“ Harmonisation eine Phase der Entspannung und des Eintauchens in den gleichförmigen Fluss der Improvisation.

September komponierte ich im gleichnamigen Monat. Das Stück vermittelt die Schönheit des Spätsommers, gepaart mit einer  Sehnsucht nach dem Flair des vergangenen Sommers. Ausgangspunkt war ein kleines 5/8 –Motiv in der linken Hand, das eine melancholische Stimmung aufkommen lässt.  Die Melodie setzt ein und  spinnt sich weiter durch fortlaufende Tonarten, die durch Modulationen der Figur in der linken Hand entstehen.

Suchen und Finden war ein Experiment, auf rein intuitive Art  Melodien und Akkorde  zu finden. So entstand zunächst ein freies Thema ohne Begleitung im ersten Teil, danach eine Improvisation in  sehr ruhigem Tempo über eine Akkordfolge, die sich meist durch chromatische Veränderung von einzelnen oder auch mehreren Tönen eines Dreiklanges ergaben. Die Auswahl entstand einfach durch probieren und entscheiden, welche Veränderung am besten auf mich wirkte.

Besinnung  ist eine ruhige, freie Improvisation,  entstanden an einem Aufnahmetag in einer Pause.